Die Kunst des Nein-Sagens

Warum es uns so schwer fällt und wie du lernst, Nein zu sagen.

Nein sagen im Alltag. Kennst du das Gefühl, wenn du um etwas gebeten wirst oder etwas von dir erwartet wird, dein ganzer Körper, dein ganzes inneres System ein „Nein“ transportiert, aber über deine Lippen dennoch ein „Ja“ – vielleicht sogar der Zusatz „Kein Problem!“, kommt?

Zum Beispiel, wenn dich eine Freundin fragt, ob du ihr zum dritten Mal beim Umzug helfen kannst, du aber einfach gar keine Lust zum Möbelschleppen hast? Dennoch lehnst du nicht ab, denn schließlich willst du sie nicht enttäuschen.

Oder dein Kollege bittet dich regelmäßig um Unterstützung bei seiner Arbeit, obwohl du selbst viel zu tun hast, und du hilfst trotzdem, weil du nicht unhöflich wirken willst?

Vielleicht erwarten auch gewisse Familienmitglieder, dass du jedes Wochenende bei ihnen vorbeikommst, obwohl du dringend Zeit für dich selbst bräuchtest und du sagst trotzdem zu, um keinen Konflikt auszulösen?

Das Nein sagen war auch für mich immer wieder ein großes Thema, doch seit meine Tochter auf der Welt ist, werde ich noch intensiver geprüft, wie gut es mir gelingt, Grenzen zu setzen. Spannenderweise habe ich die Erfahrung gemacht, dass es mir, sobald mein Kind involviert ist, leichter fällt, auch wenn ich andere Menschen dabei enttäusche. Wenn ich das aber tiefer analysiere, könnte es auch sein, dass das deshalb so ist, weil es sie und nicht mich direkt betrifft – und niemals würde ich die Zufriedenheit anderer Personen über das Wohl meiner Tochter stellen. Aber für mich selbst darf ich genauso einstehen.

Schauen wir uns den Grund, warum es uns eigentlich so schwer fällt, Grenzen zu setzen, mal genauer an.

Psychologische Gründe, warum wir so schwer „Nein“ sagen können

Dass es uns schwer fällt, Nein zu sagen, hat zwei tiefere, psychologische Hintergründe. Der erste ist die Angst vor Ablehnung. Abgelehnt zu werden ist nicht nur kein schönes Gefühl, sie triggert tatsächlich auch Urängste in uns. Zu Zeiten des Säbelzahntigers und anderen Gefahren, waren diejenigen, die von anderen Menschen abgelehnt wurden, kein Teil der Gruppe mehr. Dies bedeutete, auch den Schutz der Gruppe zu verlieren und auf sich allein gestellt zu sein. Gefährlichen Tieren war man schutzlos ausgeliefert, der Eiseskälte ebenfalls und Nahrung zu finden gestaltete sich allein auch viel schwieriger.

Der zweite psychologische Grund, warum wir große Schwierigkeiten dabei haben, Nein zu sagen, ist unser Wunsch nach Anerkennung. Dass wir einer Gruppe angehören wollen, ist nicht nur ein tiefsitzendes Sicherheitsbedürfnis in uns. Menschen sind auch heute noch – ohne den Gefahren von damals – soziale Wesen und leben in Gemeinschaften. Anerkennung ist eine Form von sozialer Bestätigung, die zeigt, dass wir in unserer Gruppe akzeptiert und geschätzt werden.

Die Zugehörigkeit stärkt auch unser Selbstwertgefühl. Wenn uns andere Menschen loben oder positive Rückmeldungen geben, fühlen wir uns wertgeschätzt und bestätigt in dem, was wir tun oder wer wir sind.

Außerdem aktiviert Anerkennung das Belohnungssystem im Gehirn, insbesondere den Neurotransmitter Dopamin, der mit positiven Emotionen verknüpft ist. Und genau diese Anerkennung erhoffen wir uns, wenn wir „Ja“ sagen.

Wie das ständige „Ja“ sagen unsere mentale und sogar körperliche Gesundheit beeinträchtigt

Wenn wir „Ja“ zu anderen sagen, sagen wir oftmals „Nein“ zu uns selbst. Wir stellen die Wünsche und Bedürfnisse der anderen Person über unsere eigenen. Dies geht nicht nur auf unser Selbstwertgefühl, sondern auch auf unseren Energietank. Bevor wir unsere Energie dafür investieren, jemandem einen Gefallen zu tun oder ihn nicht zu enttäuschen, sollten wir darauf achten, ob unsere eigenen Energiereserven überhaupt aufgefüllt sind. Wenn wir immer anderen den Vorrang geben, vernachlässigen wir unsere eigenen Bedürfnisse, was langfristig zu Unzufriedenheit und emotionaler Erschöpfung führen kann.

Außerdem führt es, wenn wir zu selten Nein sagen, eindeutig zu Stress und Überforderung: Durch zu viele Verpflichtungen entsteht Überlastung, was zu Stress, Schlafproblemen und auch wieder zu Erschöpfung führt. Dadurch geht das ständige „Ja“ sagen nicht nur auf unsere mentale und emotionale, sondern auch auf unsere körperliche Gesundheit.

Wie aber gelingt es dir, Nein zu sagen?

Hier habe ich einige konkrete Beispiele aus dem Alltag für dich gesammelt und liefere dir gleich die passende Strategie dazu, damit dir das Nein sagen das nächste Mal leichter fallen wird, ohne dass deine Urängste getriggert werden oder du ein schlechtes Gewissen bekommst, weil du jemanden enttäuschst.

1. Nein sagen im Job

Beispiel: Dein Chef fragt dich, ob du ein zusätzliches Projekt übernehmen kannst, obwohl du bereits an mehreren anderen Aufgaben arbeitest. Strategie: Setze auf Klarheit und Priorisierung. Sag deinem Chef: „Ich schätze das Vertrauen, das Sie mir entgegenbringen. Allerdings habe ich momentan volle Kapazitäten mit meinen laufenden Projekten. Können wir über die Prioritäten sprechen oder das Projekt an jemand anderen delegieren?“

Tipp: Priorisiere deine Aufgaben und kommuniziere klar, wenn du an deine Grenzen stößt.

2. Nein sagen in Beziehungen/Familie

Beispiel: Dein Partner möchte an einem Wochenende zu einer Familienfeier gehen, obwohl du lieber Zeit für dich selbst hättest, um zu entspannen. Du fühlst dich verpflichtet, mitzugehen und normalerweise sagst du „Ja“, um Konflikte zu vermeiden, obwohl du eigentlich Ruhe brauchst. Strategie: Offene Kommunikation

Teile deinem Partner mit: „Ich verstehe, dass die Familienfeier wichtig ist, aber ich brauche auch Zeit für mich. Können wir einen Kompromiss finden, zum Beispiel nur zu einem Teil der Feier zu gehen oder das nächste Mal dabei zu sein?“

Tipp: Sprich ehrlich deine Bedürfnisse aus und finde einen Mittelweg, der sich für dich richtig anfühlt.

3. Nein sagen in Freundschaften

Beispiel: Nehmen wir das Beispiel mit der Freundin, die dich zum x-ten Mal um Hilfe beim Umzug bittet. Strategie: Alternativen anbieten

Antworte deiner Freundin: „Ich schätze deine Freundschaft und verstehe, dass der Umzug wichtig für dich ist, aber ich kann nicht helfen. Ich habe bereits andere Verpflichtungen. Lass uns aber bald einen Kaffee trinken und die Neuigkeiten besprechen!“

Tipp: Priorisiere deine Me-Time genauso als Verpflichtung wie auch Einkaufen gehen oder einen Arzttermin.

Allgemeine Tipps zum Nein sagen

Übung macht den Meister: Übe das „Nein sagen“ im Alltag, um dich wohler damit zu fühlen. Fange bei Kleinigkeiten an – sag Nein danke zur Kundenkarte, wenn dir der Mitarbeiter im Geschäft eine anbietet. Lehne die Imprägnierung beim Schuhkauf ab, wenn du sie nicht brauchst, sage Nein danke zum Dessert im Restaurant, wenn du schon satt bist, etc. In diesen Fällen wird niemand enttäuscht sein und du kannst das Nein Sagen wunderbar üben.

Achte dabei auf deine Körpersprache: Setze darauf, dass deine Körpersprache dein „Nein“ unterstützt. Bewahre eine neutrale Mimik, halte Augenkontakt und achte auf eine aufrechte Körperhaltung.

Sehe es als Selbstfürsorge: Erinnere dich daran, dass es in Ordnung ist, für deine eigenen Bedürfnisse einzustehen. Du respektierst damit deine eigenen Grenzen und achtest auf deine Energie, was langfristig dein Wohlbefinden stärkt.

Ich wünsche dir alles Liebe auf deinem Weg zum authentischen Nein Sagen.

Deine

Charlotte

Dazu passend kannst du dir gerne meinen 5 Minuten Power Talks anhören:

Schuldgefühle? Dein Befreiungsschlag! Jetzt anhören oder

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Alles Liebe, Charlotte

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